O-Ton vs. Synchro

Immer wieder stößt man auf Sätze, wie „guck dir das lieber im Original Ton an“ oder „die Synchronisierung ist total misslungen“.

Doch welche Faktoren spielen hier mit rein?

Schauspieler:

Im Originalton hört man die Stimmen der Schauspieler. Wenn ein Film in eine andere Sprache übersetzt wird, werden andere Schauspieler oder Sprecher in ein Tonstudio bestellt, die dann neben der Übersetzung auch noch darauf achten müssen, dass es so aussieht als ob die zu übersetzende Person auch wirklich gerade das Nachvertonte spricht, was manchmal recht schwierig sein kann. Es gibt auch viele verdammt gute Schauspieler, die es verstehen sich in Situationen hineinzuversetzten, die man nur seeehr schwer imitieren kann, was ja der Job des Synchronsprechers ist. Dazu kommt natürlich noch, dass der Synchronsprecher nicht die gleiche Stimme hat und somit ein ganz anderen Charakter in die Synchro bringt. In seltenen Fällen (z.B. Arnold Schwarzenegger) werden diese Stimmen auch im Original durch Synchronsprecher ersetzt, doch dies ist eher die Ausnahme.

Athmosphäre:

Im O-Ton wird die Athmosphäre des Sets einfach mit aufgenommen und die Stimme gegebenenfalls noch mit Richtmikros zusätzlich aufgenommen. Bei einer Synchronisation wird entweder eine Athmosphäre hinzugefügt (da ja bei Verwendung der Original-Athomsphäre noch die Original-Stimmen zu hören wären) oder im allerschlimmsten Fall einfach weg gelassen.

Die Darsteller des Films (oder was auch immer) sind der Umgebung ausgesetzt und verhalten sich auch dementsprechend. Der Sprecher der in einem Studio steht und die Umgebung lediglich sieht muss sich also erst in die Situation hineinversetzten und so tun als ob er am Drehort wäre. Wenn nun also z.B. ein Hintergrundgeräusch ätzend laut ist, so muss der reale Darsteller sehr laut sprechen oder sogar schreien, um im Lärm nicht unterzugehen. Dazu kommt noch die Interaktion mit anderen Darstellern, welche mit Berührungen und Augenkontakt geknüpft sind. All diese Faktoren muss der Synchronsprecher anhand der Bilder inszenieren. Erschwerend für die Synchro ist auch, dass oftmals die Athmosphären der „Übersetztung“ erst ganz am Schluss hinzugefügt werden, wenn die Synchronisation bereits abgeschlossen ist.

Wortspiele und Übersetzungsfehler:

Im O-Ton gibt es hin und wieder Wortwitze, die entweder gar nicht übersetzt werden können oder wegen fehlendem Budget oder Schlampigkeit erst gar nicht berücksichtigt werden. So kann es zu scheinbar unsinnigen Dialogen kommen, die völlig zusammenhangslos erscheinen. In einigen Fällen werden bei der Synchro sogar als Ausweg ganz andere Sachen erzählt, da erkannt wurde, dass sich etwas nicht übersetzen läßt.

Auch werden ab und zu Dinge übersetzt, die eigentlich gar nicht übersetzt werden brauchen. Z.B. könnte es mal passieren, dass „ok“ in „gut“ übersetzt wird, weil die Übersetzer etwas übereifrig ans Werk gehen und ein möglichst korrektes Deutsch erzeugen wollen. Dies führt dann dazu, dass Umgangssprache zu Hochdeutsch wird und somit gleichzeitig die Stimmung der Szene eine ganz andere ist.

Wenn der Zeitdruck es so will kann sich dann auch schon mal ein Flüchtigkeitsfehler einschleichen, was wieder zu unsinnigen Dialogen führen kann.

Dosenlacher:

Bei Comedy-Serien lachen manchmal Leute die am Set, während der Aufnahme im Studio, dabei sind. Da man diese Lacher unmöglich von den Originalstimmen trennen kann und die Dialoglängen wegen der Übersetzung teilweise nicht passen, hat man irgendwann angefangen diese Lacher durch Dosenlacher (Lachkonserve) zu ersetzen*. Ganz übel ist es dann, wenn die Lacher in der Übersetzung bei jedem kleinsten geplanten Lacher in schallendes Gelächter ausarten, so als ob das Studio stoßweise mit Lachgas gefüllt wird. Da fühlen sich viele Leute schon mal veräppelt, weshalb sie diese Sendungen wegen der Dosenlacher hassen. Doch eigentlich ist dies ein „Übersetzungsfehler“.

Es gibt aber auch Fälle, in denen Dosenlacher absichtlich dem O-Ton dazugemischt werden, da es wohl Studien dazu gibt, dass vorgegaukelten Lacher auf einige Personen anregend wirken und somit auch einsame Fernsehzuschauer mitlachen.

Klang der Sprache / Soziokultureller Hintergrund:

Da jede Sprache nun mal anders klingt, kann man schlecht eine lyrische Form der Aussprache übersetzten. Ich würde z.B. ungerne Göthes Faust in Englisch lesen, weil ich mir nicht vorstellen kann, wie man dieses Werk übersetzen kann und der Gedanke daran, wie ein Sprint vor eine massive Wand ist.

Immer wieder hört man (schrecklicherweise) übersetzte Songs, die nur dafür geschaffen wurden noch mehr Geld zu verdienen. Nun ja, hin und wieder auch um mehr Leute zu erreichen, aber bitte….99 Red Ballons klingt echt bescheiden, wenn man das Original kennt.

Der wirkliche Flair eines Originals wird uns wohl immer verschlossen bleiben, da wir niemals das länderspezifische Wissen haben, was die Leute bewegt, was sie traurig macht, was sie zum lachen bringt usw.. Da wir ja hier leben und auch hier versuchen zu verstehen und nicht am Drehort aufgewachsen sind. Trotz allem kann man sich durchaus an „Fremden Werken“ erfreuen und versuchen zu begreifen, was die Leute daran jetzt so toll finden. Nehmen wir mal z.B. das thanks giving Fest, was in Amerika einen enormen Stellenwert hat: Wüßte man nicht, dass dies ein Höhepunkt des Familienbeieinanders ist, könnte man nicht verstehen, warum dort immer alle zusammen mit ihrer Familie Truthahn essen und warum gerade dieses eine willkommene Einladung für eine Comedy-Serie ist. Selbst mit diesem Wissen ist uns dieser Brauch fremd, da wir diesen niemals erlebt haben, bzw. nicht damit aufgewachsen sind. Oder wenn z.B. in einer englischen Serie von einem König berichtet wird, so denken wir hier sofort an eine verstaubte Herrschaftskultur, jedoch ist diese Regierungsform dort immer noch recht aktuell.

Mögliche Vorteile der Synchonisation:

Der Vorteil der Synchro ist ganz klar die Sprachverständlichkeit, die wegen einer sauberen Trennung von den Umgebungsgeräuschen höher sein kann, da die Originalstimme sich mit der Umgebungsgeräuschen (Athmosphäre) vermischt. Wenn ich mir z.B. Filme in der Originalsprache ansehe, muss ich oftmals die Lautstärke hochdrehen, da sich dort die Umgebungsgeräusche viel stärker mit den Stimmen vermischen im Vergleich zur synchronisierten Fassung.

Ein weiterer Vorteil ist, dass es (sobald dies in kreativer Sicht zugelassen wird) einige Szenen mit weiteren Witzen aufpeppeln kann, falls das Original Stellenweise zu fad ist.

Hin und wieder gibt es auch Synchronsprecher die besser passende Stimmen haben, als die Originalstimmen. Blöd ist es z.B. wenn ein Muskelprotz im Original eine recht hohe Stimme hat. Dort kann durch eine brachiale Stimme etwas aufgepeppelt werden.

Eine Tonaufnahme kostet nicht so viel, wie Beispielsweise ein komplette Filmszene in der gleichzeitig hunderte von Personen bezahlt werden, die am Set sind plus die Materialkosten. Lediglich der Sprecher und der Tontechniker bekommt einen Obulus, weshalb dort auch schon mal etwas öfter wiederholt werden kann. Das Bild ist ja schon im Kasten und darum muss man sich nicht mehr kümmern und so bleibt der Fokus nur noch auf den Ton beschränkt. Ich habe auch schon erlebt, dass der Originalton grauenhaft ist und die Synchronisation einen hervorragenden Klang hat.

P.S.: Ich habe mich absichtlich auf Englisch-Deutsche Übersetzungen beschränkt, da diese hierzulande wohl die meistverbreitetste Form der Übersetzung ist.

Wer noch weitere Vor- und Nachteile kennt, kann diese ja einfach in den Kommentaren hinzufügen.


Weiterführende Links:
Englischer Wiki Artikel über Dosenlacher
Wiki über Synchronisation

* Dosenlacher wurden erstmals 1950 in “ The Hank McCune Show “ eingesetzt

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